Ziel dieses Projektes ist eine leitliniengestützte, datenbasierte und pharmaunabhängige Erstellung von Schulungsmaterialien und Handbüchern auf deren Grundlage ärztlichen Qualitätszirkel innerhalb des Hausarztprogramms in Sachsen-Anhalt durchgeführt werden können. In regelmäßigen Treffen von Mitarbeiter*innen des IAM, in Sachsen-Anhalt tätigen Hausärzt*innen und Kooperationspartner*innen der KVSA, der AOK Sachsen-Anhalt sowie der IKK gesund plus werden in jedem Jahr zwei für die hausärztliche Versorgung relevante Themen ausgewählt. Wir freuen uns über Vorschläge von Hausärzt*innen aus Sachsen-Anhalt und suchen nach Themen, welche kontrovers diskutiert werden. 

Diese Themen werden durch einen Hausarzt / eine Hausärztin, einen Spezialisten oder eine Spezialistin sowie ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin auf der Basis ihrer klinischen Erfahrung, epidemiologischen Daten aus Sachsen-Anhalt und der aktuellen Studienlage aufgearbeitet. So entstehen didaktisch gestaltete Foliensätze und Handbücher mit praxisnahen Vorschlägen, Diskussionspunkte, Kontrollfragen und Praxistipps für Alternativen zur bisherigen hausärztlichen Versorgung. 

Alle Materialien können von den Moderator*innen in einem geschützten Bereich der KVSA abgerufen werden. Moderator*innen der Qualitätszirkel und alle Teilnehmer*innen erhalten bei erfolgreicher Teilnahme bis zu fünf Fortbildungspunkte.

Wenn Sie Hausärztin sind und gern im SIQ-Expertenteam mitarbeiten und diskutieren wollen, melden Sie sich bitte bei Frau apl. Prof. Susanne Unverzagt: siq-projekt@uk-halle.de

Die Themen der SIQ-Module

Deutschland weist einen hohen Nachholbedarf in der Prävention und Früherkennung insbesondere kardiovaskulärer Erkrankungen auf. Präventionsmaßnahmen sind essenziell, da Adipositas und eine ungesunde Lebensweise hohe Krankheitslasten und daraus resultierende Kosten verursachen. Neue Arzneimittel auf der Basis von Semaglutinid können unterstützend eingesetzt werden, verursachen aber extrem hohe Kosten für das Gesundheitssystem.

Die im Jahr 2024 aktualisierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung präferieren eine pflanzlich dominierte Ernährung. Dazu gehören das tägliche Trinken von mindestens 1,5 Liter Wasser, die Vermeidung zuckergesüßter und alkoholischer Getränke, fünf Portionen Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukte, da Ballaststoffe länger sättigen und das Risiko zahlreicher Krankheiten senken. Hülsenfrüchte und Nüsse liefern wichtige Nährstoffe und sollten häufiger als bisher verzehrt werden. Pflanzliche Öle wie Raps- und Olivenöl sind gesunde Fettquellen. Milchprodukte liefern Eiweiß, Calcium und Vitamine, so dass zwei tägliche Portionen empfohlen werden. Fleisch enthält gut verfügbares Eisen, Selen und Zink, sollte jedoch auf maximal 300 Gramm pro Woche beschränkt und Fisch ein- bis zweimal pro Woche konsumiert werden. Stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt sollten vermieden werden. Langsames und bewusstes Essen, verteilt auf zwei bis drei Mahlzeiten täglich, unterstützt eine gesunde Ernährung. Im Rahmen des Vortrages werden zahlreiche Beispiele aus Studien präsentiert, welche die gesundheitsfördernde Wirkung dieser Empfehlungen belegen.

Die Umsetzung in der Praxis erfordert langfristige Verhaltensänderungen, die durch Hausärzt*innen, Krankenkassen und digitale Angebote wie Ernährungs-Apps unterstützt werden können. Ernährungsberatung und Präventionskurse werden von den Krankenkassen finanziell unterstützt. 

Zusammenfassend kann eine vielseitige, pflanzlich dominierte Ernährung die Krankheitslast deutlich senken und viele chronische Erkrankungen verhindern. Ein gesellschaftliches Umdenken hin zu mehr Prävention ist jedoch notwendig, um nachhaltige Effekte zu erzielen.

Autor*innen: Nils Hagenberg, Susanne Unverzagt & Kathleen Denny für die SIQ Expertengruppe (2024)

Die Präsentation beginnt mit einer Reflexion über eigene Herausforderungen und betont die Bedeutung der Selbstwahrnehmung. Patient*innen können aus verschiedenen Gründen als herausfordernd empfunden werden, etwa durch Aggressionen, emotionale Belastung, hohe Forderungen oder Demenz. Emotionen spielen eine zentrale Rolle in der Kommunikation, weshalb Modelle wie NURSE und CALM helfen können, Gespräche zwischen Ärzt*innen und Patient*innen strukturiert und empathisch zu führen. Fallbeispiele mit kurzen Filmsequenzen verdeutlichen den Umgang mit aggressiven Patient*innen, Menschen mit Demenz und fordernd-abhängigen Patient*innen. 

Wichtige Strategien sind Deeskalationstechniken, klare Grenzen, empathisches Zuhören und eine wertschätzende Haltung. Zudem wird das Konzept der Übertragung und Gegenübertragung erklärt, um unbewusste emotionale Reaktionen zu erkennen. Abschließend werden grundlegende Prinzipien der ärztlichen Kommunikation betont wie das aufmerksame Zuhören, der Beziehungsaufbau und eine authentische Wertschätzung.

Autorinnen: Sophie Köhler, Kathleen Denny, Susanne Unverzagt & Linn Hempel für die SIQ Expertengruppe (2024)

Ziel des Moduls ist eine Steigerung der Aufmerksamkeit für die häufigsten gesundheitlichen Probleme geriatrischer Patient*innen mit einem Fokus auf Frailty und Sarkopenie, die Vorstellung verschiedener geriatrischer Assessments, Verordnungsmöglichkeiten von Hilfs- und Heilmitteln sowie von Abrechnungsmodalitäten. Dabei wird Frailty oder Gebrechlichkeit als Zustand erhöhter Vulnerabilität des biologisch älteren Menschen bezeichnet, der auch ohne Multimorbidität auftreten kann. 

Zur Diagnostik werden verschiedene Assessments wie die Clinical Frailty Scale und die FRAIL-Skala vorgestellt. Sarkopenie, der altersbedingte Abbau von Muskelmasse und -kraft, wird als zentraler Risikofaktor für Gebrechlichkeit betrachtet und über Tests zu Muskelkraft und –funktion diagnostiziert. 

Stürze stellen eine der schwerwiegendsten Folgen geriatrischer Syndrome dar und erfordern präventive Maßnahmen wie Medikamentenanpassung, Umfeldsicherung, die Verordnung geeigneter Heil- und Hilfsmittel sowie eine Aktivierung des sozialen Umfeldes und Mobilitätstraining. Die Präsentation betont die Bedeutung interdisziplinärer Ansätze zur ganzheitlichen Betreuung älterer Patient*innen und gibt zahlreiche Praxistipps zur Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln.

Autor*innen: Tino Prell, Sebastian Longard & Susanne Unverzagt für die SIQ Expertengruppe (2023)

Kreuzschmerzen stellen eines der häufigsten Schmerzsyndrome in Deutschland dar. 85 % der Menschen leiden mindestens einmal im Leben unter Kreuzschmerzen und verursachen 7 % der Arbeitsunfähigkeitstage. Wichtig für die Therapie ist der zurückhaltende Einsatz von Diagnostik zum Ausschluss von abwendbaren gefährlichen Verläufen und die Unterscheidung zwischen akuten, subakuten und chronischen Verläufen, spezifischen und nicht-spezifischen Kreuzschmerzen.

Die Therapie umfasst sowohl nicht-medikamentöse (z. B. Bewegungstherapie, Schulungen, Wärmeanwendungen) als auch medikamentöse Maßnahmen (z.B. NSAR, Opioide in Ausnahmefällen) zur Unterstützung der Beweglichkeit. Bettruhe wird in keinem Stadium der Erkrankung empfohlen. Risikofaktoren für eine Chronifizierung umfassen psychosoziale Aspekte und arbeitsplatzbezogene Faktoren. Daraus resultieren multimodale Therapieansätze und Präventionsstrategien wie eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Schulungen und regelmäßige Bewegung mit dem Ziel einer schnelle Wiedereingliederung in den Alltag und Beruf.

Autor*innen: Nils Hagenberg, Sebastian Longard & Susanne Unverzagt für die SIQ Expertengruppe (2022)

Das vorrangige Ziel der Palliativmedizin besteht darin, die Lebensqualität von Patient*innen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zu verbessern. Dies betrifft vorrangig Patient*innen mit fortgeschrittenen onkologischen, neurologischen, pneumologischen und kardialen Erkrankungen. 

Deren Versorgung erfordert ein multidisziplinäres Netzwerk, bestehend aus Hausärzt*innen, Palliativmediziner*innen, ambulanten Pflegediensten und Hospizen. Dazu werden Abrechnungsmodalitäten und regionale Ansprechpartner für eine allgemeine oder spezialisierte ambulante Palliativversorgung (AAPV, SAPV) vorgestellt.  Wichtige Aspekte der Palliativversorgung umfassen eine stufenweise Schmerztherapie, Ernährung und Kommunikation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Patient*innen. Zudem werden ethische Fragen, wie Sterbehilfe und Off-Label-Medikation, thematisiert. Ziel ist eine ganzheitliche Betreuung, die Leiden lindert und Patient*innen sowie deren Angehörige in der letzten Lebensphase unterstützt.

Autor*innen: Liane Lux, Stephan Fuchs, Sebastian Longard & Susanne Unverzagt für die SIQ Expertengruppe (2022)

 

Herzinsuffizienz ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung mit hoher Prävalenz bei älteren Menschen, welche in Sachsen-Anhalt, auch unabhängig vom Alter der Bevölkerung, besonders häufig auftritt und zu häufigen Krankenhauseinweisungen führt. 

Die Diagnose erfolgt durch eine klinische Untersuchung, Laborwerte (NT-proBNP) und bildgebende Verfahren. Die Therapie umfasst medikamentöse Maßnahmen wie die Verordnung von ACE-Hemmern, Betablockern und Diuretika sowie der Einsatz apparativer Verfahren (ICD, CRT). Patient*innen in der Hausarztpraxis profitieren von einer Sicherstellung der medikamentösen Adhärenz und einer Überwachung und individuellen Anpassung der Medikation. Sie sollten hinsichtlich einer Nikotinkarenz, regelmäßiger Gewichtskontrolle, Trinkbegrenzung und Bewegung beraten werden. Im akuten Notfall sind eine rasche Diagnostik und gezielte Therapie entscheidend. Im palliativen Kontext stehen eine hausärztliche Beratung mit der Familie oder dem Pflegedienst zu Therapiezielen, Symptomkontrolle und Lebensqualität im Vordergrund. Ziel ist eine umfassende, leitliniengerechte Versorgung dieser Patient*innen.

Autor*innen: Andreas Karnbach, Stephan Fuchs & Susanne Unverzagt für die SIQ Expertengruppe (2021) 

Suchterkrankungen sind in der hausärztlichen Versorgung eine große Herausforderung. Häufige verursachende Substanzen sind Alkohol, Tabak, Cannabis und Medikamente mit Abhängigkeitspotenzial. In Sachsen-Anhalt liegt die Ein-Jahres-Prävalenz des Tabakkonsums bei 27,6 % aller Einwohner*innen, 17,3 % aller Männer weisen einen riskanten Alkoholkonsum auf. Versorgungsprobleme entstehen durch medikamentöse Langzeitverordnungen, späte Therapieeinsicht und eine fehlende Kenntnis von Hilfsangeboten.

Die Diagnose in der hausärztlichen Praxis kann über eine konkrete Ansprache, Anamnese, Screening-Tests und Laborkontrollen erfolgen. Ursachen einer Suchterkrankung können psychosoziale Belastungen, genetische Faktoren und Komorbiditäten wie Depressionen sein. Hausärzt*Innen sollten Medikamente mit Abhängigkeitspotential kennen. Therapieoptionen umfassen medikamentöse Substitution, Psychotherapie und stationäre Entgiftung. Hausärzt*innen spielen eine Schlüsselrolle in der Früherkennung, Motivation zur Therapie und Koordination mit suchtmedizinischen Expert*innen und externen Unterstützungsangeboten. Ziel ist eine langfristige Unterstützung zur Abstinenz oder Reduktion von Suchtstoffen.

Autor*innen: Gabriele Jungbluth-Strube & Stephan Fuchs für die SIQ Expertengruppe (2021)

Über die Hälfte der Frauen und knapp die Hälfte der Männer in Deutschland sind mindestens einmal jährlich von Kopfschmerzen betroffen, wobei Migräne die häufigste mit Arztbesuchen verbundene Kopfschmerzerkrankung darstellt. 

Es wird zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen unterschieden. Während Migräne und Spannungskopfschmerzen zu den primären Formen gehören, sind sekundäre Kopfschmerzen oft Symptom einer anderen Erkrankung und erfordern eine weiterführende Diagnostik, insbesondere bei Warnzeichen wie plötzlich auftretenden, starken Schmerzen oder neurologischen Auffälligkeiten. Anschließend wird auf Diagnosekriterien, Akutmaßnahmen und die Prophylaxe der Migräne eingegangen. Migräne wird mit Analgetika, Triptanen und Antiemetika behandelt, wobei eine frühzeitige und ausreichende Dosierung entscheidend ist. Zur Prophylaxe können Betablocker, Antidepressiva oder monoklonale Antikörper eingesetzt werden. Ein weiteres zentrales Thema ist der Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch, der durch regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln entsteht und einen kontrollierten Medikamentenentzug erfordert. 

Die Präsentation umfasst zahlreiche Praxistipps für die hausärztliche Versorgung wie die Bedeutung einer strukturierten Anamnese, die Einhaltung von Medikationsempfehlungen und die Aufklärung der Patient*innen über nichtmedikamentöse Maßnahmen und Lebensstilmodifikationen zur Migräneprophylaxe.

Autor*innen: Charly Gaul, Thomas Frese & Susanne Unverzagt für die SIQ Expertengruppe (2023)

SIQ-Expert*innenteam

Das SIQ-Expert*innenteam trifft sich viermal im Jahr in Halle oder Magdeburg und diskutiert die neu zu erstellenden Module. Es besteht aus erfahrenen Hausärzt*innen Alle Veranstaltungen werden im Hybridformat angeboten, wir freuen uns aber immer auf eine persönliche Teilnahme. Die Termine werden auf einen Mittwochnachmittag gelegt.

  • Herr Prof. Thomas Frese,Institut für Allgemeinmedizin
  • Herr Henrik Straub, FA für Allgemeinmedizin
  • Dr. Torsten Kudela, FA für Allgemeinmedizin
  • Dr. Peter-Hendrik Herrmann, FA für Allgemeinmedizin
  • Dr Julia Steinicke, FÄ für Allgemeinmedizin
  • Nils Hagenberg, FA für Allgemeinmedizin
  • Herr Sebastian Longard, FA für Allgemeinmedizin
  • sowie Vertreter*innen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, der AOK Sachsen-Anhalt, der IKK gesund plus und des Instituts für Allgemeinmedizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Moderator*innen

Wenn Sie Qualitätszirkel anbieten wollen, melden Sie sich bitte bei der KVSA. Dort finden regelmäßig Schulungen statt. Diese Workshops sind kostenlos. Moderator*innen können auf alle Module über ihren KVSA-Zugang zugreifen.

Projektleitung