Die roboterassistierte Chirurgie ist die konsequente Weiterentwicklung minimalinvasiver Operationstechniken, die in unserer Klinik eine lange Tradition besitzen. Wir verfügen seit 2014 über ein DaVinci-Operationssystem. Angesichts der Vorteile, die dieses System dem Arzt und vor allem dem Patienten bietet, führen wir nahezu alle radikalen Prostataentfernungen und Operationen an der Niere roboterassistiert durch. Ebenso transplantieren wir als eines von wenigen Zentren deutschlandweit die Niere im Rahmen einer Lebendspende mit dem DaVinci-System.
Das DaVinci-System ist kein eigenständiger OP-Roboter, sondern wird immer von einem Arzt gesteuert. Dabei werden die Handbewegungen des operierenden Arztes 1:1 und völlig zitterfrei auf die Miniatur-OP-Werkzeuge im Inneren des Patienten übertragen. Neben höherer Feinheit im Vergleich zur herkömmlichen Schlüsselloch-Chirurgie, wird das Operationsfeld auf dem Monitor dreidimensional und zehnfach vergrößert dargestellt. Dadurch können selbst kleinste anatomische Strukturen deutlich gemacht und während der Operation geschont werden.
Dies ermöglicht für den Patienten besonders schonende Eingriffe. Wesentliche Vorteile sind kleinere Schnitte, geringere Blutungen, Schonung angrenzender Gewebe, Gefäße oder Organe, vermindertes Infektionsrisiko, weniger postoperative Schmerzen sowie oft kürzere Heilungszeiten und Klinikaufenthalte.
Eines der Haupteinsatzgebiete des DaVinci-Systems sind die operative Behandlung des Prostatakarzinoms und die organerhaltende Nierenchirurgie. Hier leisten die Vorzüge des Systems besonders bei der potenzerhaltenden Prostataentfernung wichtige Dienste, damit an der Prostata anliegende Nervenbündel, die essentiell für den Erhalt der sexuellen Potenz und auch der Harnkontinenz sind, unbeeinträchtigt bleiben. Bei organerhaltenden Operationen von Nierentumoren können mit dem DaVinci-System zum Schutz der Nierenfunktion auch größere und ungünstig gelegene Tumoren mit ausreichendem Sicherheitsabstand vollständig und sicher entfernt werden.
Die Prostatakarzinomvorsorge mittels Tastuntersuchung und PSA-Wert-Bestimmung ist ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen urologischen Vorsorge für Männer ab 45 Jahren. Sollte sich im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung der Verdacht auf einen Prostatatumor ergeben, bieten wir zur weiterführenden Abklärung und falls notwendig zielgenauen Biopsie die Untersuchung mittels ANNAcTRUS an.
Die Abkürzung steht für "artifizielle neuronale Netzwerkanalyse und computergestützter transrektaler Ultraschall". Hierbei werden zunächst transrektale Bilder der Prostata erstellt. Diese Bilder werden durch eine speziell trainierte, künstliche Intelligenz analysiert, welche dann die am wahrscheinlichsten karzinombetroffenen Areale markieren kann. Mit Hilfe dieser Bilder gelingt dann eine zielgenaue Biopsie der auffälligsten Areale, womit die Treffsicherheit erhöht und die Anzahl notwendiger Proben reduziert werden kann.
Außerdem kann das Analyseergebnis zur Verlaufsbeobachtung verwendet werden. Hierbei wird beurteilt, ob die auffälligen Areale in wiederholten Untersuchungen in Anzahl oder Größe zunehmen.
Seit August 2016 führen wir die mittlerweile in der Behandlungsleitlinie Prostatakarzinom verankerte MRT-Fusionsbiopsie durch. Anwendung findet diese neuartige Diagnostik vor allem bei Männern mit fortbestehendem Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms nach negativer Prostatastanzbiopsie sowie im Rahmen der aktiven Überwachung (active surveillance) bekannter Prostatakrebserkrankungen. Wir führen die Biopsie über den Damm und üblicherweise in Vollnarkose durch.
Im Rahmen der MRT-Fusionbiopsie werden die vorliegenden Bilder der im Vorfeld durchgeführten MRT-Untersuchung in Echtzeit mit dem Bild einer Ultraschalluntersuchung synchronisiert. Damit besteht die Möglichkeit zu einem bestimmten Ultraschallbild, das live gewonnen wird, das korrespondierende Bild der MRT einsehen zu können. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass aus Arealen, die zuvor im MRT als potentiell bösartig eingestuft wurden, zielgerichtet Proben entommen werden können, nachdem diese per Ultraschallsonde aufgesucht wurden. Damit steigt die Genauigkeit der Untersuchung und die Anzahl fälchlicherweise negativer Ergebnisse wird merklich reduziert.
Die Behandlung der männlichen Belastungsinkontinenz nach operativen Eingriffen an der Prostata stellt weiterhin eine große Herausforderung dar. Insbesondere nach radikaler Entfernung der Prostata ist ein relevanter Prozentsatz der Patienten bis zu zwölf Monate nach der Operation harninkontinent. Hier zeigt der Einsatz eines ATOMS-Implantats, eines künstlichen Harnröhrenverschlusssystems, gute Erfolgsquoten. Das ATOMS-Implantat sorgt dafür, dass Patienten ohne Betätigung der eingepflanzten mechanischen Einheit frei urinieren können. Das System kann bei Patienten jedes Inkontinenzgrades und auch nach einer vorherigen Bestrahlung eingesetzt werden, sofern eine Restfunktion des körpereigenen Schließmuskels gegeben ist.
Das Sphinkter-Ersatzsystem ATOMS besteht aus einem nachstellbaren, unter der Harnröhre befindlichen Schließmuskel-Ersatzkissen mit integrierten Netzarmen zur Fixierung des Systems und einem Titanport zur Anpassung des Kissenvolumens. Die feste Verankerung und der minimalinvasive Zugang sowie die einfache Nachjustierung des Systems sind seine Vorteile.
In einer eigenen Beobachtungsstudie unsere Klinik zum ATOMS, geführt von Oktober 2009 bis Oktober 2014, haben wir 54 Patienten einbezogen, die in unserer Spezialsprechstunde für Blasenfunktionsstörungen betreut werden und ein solches Implantat erhalten haben. In der Mehrzahl der Fälle wiesen die Patienten initial eine zweit- oder drittgradige Belastungsinkontinenz auf. Im Ergebnis wurden 26 Patienten (48,1 %) trocken (0 Sicherheitsvorlagen), während 16 Patienten (29,6 %) zumindest eine Verbesserung um mehr als 50% (1-2 Vorlagen) erreichten, was einer Gesamterfolgsrate von 77,7 % entspricht. Das ATOMS-System stellt somit eine effektive operative Therapie in der Behandlung der Belastungsinkontinenz beim Mann dar und trägt dazu bei, Lebensqualität zurückzuerlangen.
Das Nervengift Botulinumtoxin, vor allem als Mittel zur Faltenglättung bekannt, wird in der Medizin vielfältig therapeutisch eingesetzt. In der Urologie erhielt Botulinumtoxin Typ A zunächst die Zulassung zur Behandlung der sogenannten neurogenen Blase, also einer massiven Funktionsstörungen der Harnblase infolge nervlicher Ursachen wie Multipler Sklerose und Rückenmarksverletzungen. 2013 folgte die Zulassung zur Behandlung der idiopathisch überaktiven Blase bei erwachsenen Patienten, sofern bei ihnen alle konservativen Therapiemöglichkeiten ohne Erfolg blieben. Das Syndrom der überaktiven Blase ist weit verbreitet und kann die Lebensqualität der Betroffenen durch überfallartigen Harndrang sowie häufiges, auch nächtliches Wasserlassen stark einschränken.
Nach medizinischer Indikation spritzen wir Botulinumtoxin Typ A unter örtlicher Betäubung oder Maskennarkose direkt in die Harnblasenwand. Dadurch kommt es zu einer teilweisen Lähmung der Blasenmuskulatur, was den Druck in der Blase verringert und die belastenden Symptome reduziert oder ganz unterbindet. Neben der guten Wirksamkeit ist für Patienten besonders die lange Wirkungsdauer einer Injektion vorteilhaft, die bei einem halben Jahr und länger liegen kann.
Die sakrale Neuromodulation (SNM) ist ein minimalinvasives Therapieverfahren, das durch elektrische Reizung des Nervengeflechts im Kreuzbeinbereich die normale Restfunktion des Beckenbodens aktiviert. In der Urologie ist dieses Verfahren besonders bei der idiopathischen überaktiven Blase, die auf keine der gängigen Therapien anspricht, eine Behandlungsoption. Sie kommt gleichermaßen bei chronischer nicht-verengungsbedingter Harnverhaltung oder beim chronischen Beckenschmerzsyndrom zur Anwendung.
Das SNM-Verfahren wird in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Phase findet eine periphere Nervenevaluation (PNE) statt. Mit Testelektroden, die in einem kleinen Eingriff durch die Haut eingesetzt werden und einem externen elektrischen Impulsgeber wird zunächst über einen Zeitraum von bis zu vier Wochen der Effekt der SNM individuell geprüft. Erst wenn diese Testphase eine Besserung der Beschwerden um mehr als 50 Prozent ergibt, werden in der zweiten Phase permanente Elektroden und der batteriebetriebene Impulsgenerator unter die Haut implantiert. Über eine externe Handfernbedienung kann der Patient seinen „Blasenschrittmacher“ jederzeit selbst kontrollieren und ein- oder ausschalten.
Die Erfolgsraten für Patienten, die bei uns eine SNM erhalten haben, sind groß: Bei überaktiver Blase betrugen sie 80 Prozent und bei chronischer nicht-verengungsbedingter Harnverhaltung 77 Prozent.
Das Kürzel E.M.D.A steht für „Elektro Motive Drug Administration“ und bezeichnet eine etablierte Behandlungsform, bei der flüssige Medikamente mit Hilfe eines schwachen elektrischen Feldes gezielt in tiefere Schichten der Harnblasenwand transportiert werden. Wir setzen das minimalinvasive E.M.D.A.-Verfahren beispielsweise zur Entzündungshemmung und Schmerzbekämpfung bei der Behandlung der Interstitiellen Cystitis ein.
Die E.M.D.A.-Behandlung ist weitgehend schmerzfrei: Nach einer lokalen Betäubung wird ein Spezialkatheter, welcher in seiner Spitze eine Elektrode beherbergt, in die Blase eingeführt und hierüber die Medikamentenlösung eingebracht. Hiernach wird an diesen Spezialkatheter Strom mit einer Stromstärke von rund 20 mA angelegt. Die einzelne Behandlung dauert etwa 30-45 Minuten. Dieser Vorgang findet in festgelegten Intervallen über den Zeitraum einiger Wochen insgesamt meist drei Mal statt. Die gute Wirkung der Behandlung, die kaum Nebenwirkungen hat und beliebig wiederholt werden kann, hält im Durchschnitt bis zu einem Vierteljahr an.
Ein Schwerpunkt unserer operativen Therapien in der Behandlung der verschiedensten urologischen Erkrankungen ist die Laparoskopie, die als sogenannte Schlüsselloch-Chirurgie bekannt ist. Im Bereich der laparoskopischen Verfahren hat die Urologie des Universitätsklinikums Halle Pionierarbeit geleistet und führt diese durch kontinuierliche Weiterentwicklung der chirurgischen Techniken fort. Auf Grundlage unserer Expertise bilden wir seit über zehn Jahren Kollegen in internationalen Laparoskopiekursen aus.
Im Vergleich zur offenen Schnittoperation ist die laparoskopische Methode für den Patienten wesentlich schonender. So sind bei der Laparoskopie lediglich mehrere kleine Schnitte nötig, um die Kamera und Arbeitsinstrumente durch Haut und Bauchdecke in den Eingriffsbereich zu führen.
Prostataentfernung, Nieren(teil)entfernung, Nierenbeckenplastik, Scheidenanheftung bei Senkungsbeschwerden, Lymphknotenentfernungen, Fensterungen von Lymphverhalten und OPs von Hodenkrampfadern führen wie standardmäßig laparoskopisch durch. Die Nieren-Lebendspende vor Nierentransplantation erfolgt seit 2004 laparoskopisch handassistiert. Die Vorteile der Laparoskopie sind geringerer Blutverlust, weniger postoperative Schmerzen und Schmerzmittelbedarf, weniger Wundheilungsstörungen, schnellere Erholung. Nicht zuletzt ist das kosmetische Ergebnis durch die kleineren Hautschnitte wesentlich besser als bei der konventionellen Schnittoperation. Seit 2014 werden die meisten laparoskopischen Eingriffe in unserem Hause robotisch assistiert mit dem DaVinci-System durchgeführt.
Die Entwicklung der Endoskopie in der Urologie blickt auf eine über hundertjährige Geschichte zurück. Durch die stetige Weiterentwicklung der Instrumente besteht heute die Möglichkeit, praktisch jeden Winkel des Harntraktes bis in die Nieren schonend einzusehen. In Kombination mit modernen Arbeitsinstrumenten ist es damit möglich geworden, Erkrankungen der Prostata, Harnblase, Harnleiter und Nierenbecken frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die gutartig vergrößerte Prostata, Nierensteine und Blasenumoren stehen hier besonders im Vordergrund.
Im urologisch-endoskopischen Operationstrakt unseres Klinikums stehen vier speziell für endoskopische urologische Eingriffe ausgerüstete OP-Säle zur Verfügung. Mit modernsten Geräten in Verbindung mit hochauflösender digitaler Bildgebung können wir auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten eingehen. Angeboten wird das gesamte Spektrum zeitgemäßer endourologischer Standardbehandlungen.
Die Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) ist ein gut verträgliches Therapieverfahren zur Behandlung von Nieren- und Harnleitersteinen. Das Prinzip: Durch fokussierte, energiereiche Schallwellen werden die Steine zertrümmert. Die Schallwellen werden außerhalb des Körpers erzeugt und von dort per Röntgen- oder Ultraschallortung gebündelt und zielgenau auf den Stein im Körper gerichtet.
Während die Schallwellenstöße ohne Widerstand durch das weiche Körpergewebe dringen, brechen sie am Stein und erzeugen an ihm dabei verschiedene Kräfte, die ihn - abhängig von seiner Größe und chemischen Zusammensetzung - alsbald zerbrechen lassen. Seine Bruchstücke werden später auf natürlichem Wege mit dem Urin ausgeschieden.
Die Risiken der ESWL sind extrem gering. Selten, wenn ein zu großes Bruchstück des Steins beim natürlichen Abgang im Harnleiter stecken bleibt, kann eine Kolik ausgelöst werden. Eine Vollnarkose ist bei diesem komplikationsarmen Verfahren nicht notwendig, allenfalls wird ein leichtes Mittel zur Beruhigung sowie ein Schmerzmittel verabreicht, um bei der Behandlung entspannt zu sein. Die Behandlung dauert bei uns je nach Größe und Lokalisation des Steins etwa eine Stunde. Bei großen Steinen können mehrere ESWL-Behandlungen bis zur völligen Steinfreiheit erforderlich sein.
Das Kürzel CTC steht für zirkulierende Tumorzellen (Circulating Tumor Cells) - Krebszellen, die sich vom Tumor ablösen und in der Blutbahn kreisen. Mit verschiedenen Isolierungsmethoden können diese Zellen selbst in geringster Zahl im Blut nachgewiesen werden und liefern genetische Informationen über den Tumor. Diese Informationen können für weitere Therapieentscheidungen von Nutzen sein. So tragen CTCs dazu bei, die Aggressivität eines diagnostizierten Tumors zu bestimmen und bei bereits fortgeschrittenen Erkrankungen das Überleben exakter einzuschätzen.
Bei weiterführenden Therapien des Prostatakarzinoms bieten zirkulierende Tumorzellen die Möglichkeit, den Erfolg der medikamentösen Behandlung zu kontrollieren. Bislang wurde hauptsächlich über die Bestimmung der PSA-Werte geprüft, ob etwa eine Chemotherapie den gewünschten Effekt erzielte. Dies kann durch den CTC-Bluttest unmittelbarer und meist frühzeitiger geschehen, da zirkulierende Tumorzellen als Biomarker im Blut ein aussagekräftiges Indiz für die Krebslast des Patienten sind.
Bei der Gewinnung und Analyse von zirkulierenden Tumorzellen handelt es sich um ein Verfahren, welches derzeit im Rahmen von klinischen Forschungsprojekten eingesetzt wird. Auf Wunsch können in diesem Rahmen CTC bei der Behandlung des Prostatakarzinoms für das Therapie-Monitoring in unsere Klinik angewandt werden.