Modell einer Gebärmutter

Endometriumkarzinom (Gebärmutterschleimhautkrebs)

Gebärmutterschleimhautkrebs, auch Endometriumkarzinom genannt, ist eine Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 25.000 Frauen an Krebs im Genitalbereich, darunter am häufigsten an Gebärmutterschleimhautkrebs.

Häufige Symptome des Gebärmutterschleimhautkrebses sind:

  • Vaginale Blutungen nach den Wechseljahren
  • Blutungen außerhalb des Menstruationszyklus (Zwischenblutungen)
  • Ungewöhnlich lang andauernde und starke Periodenblutungen

Die Behandlung von gutartigen und bösartigen Tumoren der Gebärmutter stellt einen unserer Schwerpunkte der Universitäts-Frauenklinik Halle dar.

Ziel ist es, jeder Patientin ein individuelles Behandlungskonzept anzubieten. Ein hohes Maß an jahrelanger Expertise, modernste technische und wissenschaftliche Möglichkeiten und ein interprofessionelles Team unterstützen hierbei.

Wie sieht unsere Behandlung von Patientinnen mit Endometriumkarzinom im Frühstadium aus?

Sollte der Verdacht auf das Vorliegen eines Endometriumkarzinoms bestehen, wird den Patientinnen meist zunächst zu einer Ausschabung geraten. Sollte sich der Verdacht im Gewebsbefund der Auschabung dann als Endometriumkarzinom bestätigen, wird die Patientin in unserer wöchentlichen Tumorkonferenz besprochen.

Unsere Experten in der Tumorkonferenz empfehlen im Frühstadium der Erkrankung zumeist zunächst die Operation. Je nach Ausprägung der Erkrankung, muss bei einigen Fällen Wochen nach der Operation eine Bestrahlung erfolgen. Auch eine Chemotherapie kann bei circa jeder fünften Patientin nach Operation eines Endometriumkarzinoms notwendig werden.

Da viele Endometriumkarzinome oft in einem frühen Stadium der Erkrankung erkannt werden und wenig aggressiv wachsen, können  viele Patientinnen geheilt werden.

Schon nach der Ausschabung kann heute durch molekularpathologische Untersuchungen im Tumorgewebe der Ausschabung und folgender Bildgebung fast immer gesagt werden, ob doch ein aggressiv wachsender Gewebstyp vorliegt. Dies ist nur in 10-20% aller Fälle so. Hier bedarf es einer ausgedehnteren Operation und einer adjuvanten (=zusätzlichen) Therapie als Strahlen- und/oder Chemotherapie.

Im folgenden werden die molekularpathologischen Untersuchungen näher beschrieben.

Die Unterteilung des Endometriumkarzinoms in vier molekulare Untergruppen gilt als eine der  wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse in der gynäkologischen Onkologie in den letzten zehn Jahren. Die Untergruppen weisen jeweils charakteristische genetische Veränderungen auf, die maßgeblich definieren, ob der Tumor als mehr oder weniger aggressiv eingeschätzt wird.

  • So haben Patientinnen, deren Tumoren eine sogenannte POLE-Mutation haben, eine sehr gute Prognose und benötigen in der Regel keine adjuvante Therapie.
  • Dem gegenüber stehen aggressiv wachsende Tumoren mit genetischen Veränderungen im Gen TP53, die ausgedehnter operiert werden müssen und von einer adjuvanten Chemotherapie profitieren.
  • Weitere vielversprechende Daten weisen darauf hin, dass bereits in naher Zukunft die Behandlung von Patientinnen, je nach molekularem Subtyp, weiter individuell angepasst werden kann.

Zusammen mit unseren onkologischen ExpertInnen erarbeiten wir auch im Rahmen von klinischen Studien in Halle entsprechende ‚maßgeschneiderte‘ Therapieansätze für die verschiedenen Untergruppen.

Durch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie ist es uns möglich, jeder Patientin die Untersuchungen zur Definition des molekularen Subtyps an unserer Klinik anzubieten.

Es ist von enormer Wichtigkeit, die Erkrankungsfälle herauszufinden, bei denen die Erkrankung mit höherer Wahrscheinlichkeit zurückkehrt oder sogar im Verlauf Metastasen bildet. So benötigt eine Patientin mit einem hohen Wiedererkrankungsrisiko eine intensivere Behandlung, als eine Patientin mit einem niedrigen Risiko. In der Gruppe der Patientinnen mit einem ohnehin niedrigen Wiedererkrankungs-Risiko gilt es, eine Überbehandlung zu vermeiden.

Schonende Operationsverfahren beim Endometriumkarzinom: Minimalinvasive (‚Schlüsselloch‘) Chirurgie

Zur onkologisch sicheren, aber gleichzeitig patientinnenschonenden Therapie der Erkrankung setzen wir neue Therapieverfahren ein. Einige dieser möchten wir Ihnen nachfolgend kurz vorstellen.

Einen besonderen Schwerpunkt unseres Zentrums stellen minimal-invasive operative Verfahren zur Behandlung des Endometriumkarzinoms dar, das heißt die Operation wird über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchgeführt.

Die operative Therapie des Endometriumkarzinoms besteht in der kompletten Gebärmutterentfernung (incl. Gebärmutterhals) und der beidseitigen Entfernung der Eileiter meist zusammen mit den Eierstöcken. Die Operation kann häufig durch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) erfolgen. Im Gegensatz zu einer offenen Operation (Laparotomie) sind dazu nur kleine Hautschnitte nötig. Deshalb wird die Bauchspiegelung auch als minimal-invasiv bezeichnet. Durch kleinste Hautschnitte werden am Nabel im Unterbauch eine Kamera und die für den Eingriff notwendigen Instrumente eingeführt. Im Vergleich zum offenen Vorgehen über einen Bauchschnitt bietet das laparoskopische Verfahren die gleiche onkologische Sicherheit bei deutlich geringeren Komplikationen während sowie nach der Operation. Weiterhin sind die Vorteile der Laparoskopie geringere Schmerzen, eine schnellere Erholung und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt. Im Frühstadium des Endometriumkarzinoms ist die Therapie die laparoskopische Operation mit einer sehr guten Prognose.

In fortgeschrittenen Stadien oder bei aggressiver wachsenden Typen des Endometriumkarzinoms kann ein Bauchschnitt zur Operation erforderlich werden. Bei dieser Form des Tumors müssen der gesamte Bauchraum durch den Operateur inspiziert und tumorverdächtige Läsionen entfernt werden.

Bei Patientinnen mit Kinderwunsch kann in bestimmten Fällen eine endokrine Therapie angeboten werden, um die Fertilität zu erhalten. Dieses Vorgehen ist bei einem Gebärmutterkrebs in einem sehr frühen Stadien nach individueller Besprechung mit der Patientin möglich. Dabei erfolgt eine ausführliche Diagnostik und die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kinderwunsch-Sprechstunde. Eine Therapie mit einem Gestagen oder die Einlage eines gestagenhaltigen Intrauterinpessars in die Gebärmutterhöhle wird durchgeführt. Sollte in einer Kontroll-Ausschabung nach 6 Monaten Behandlung kein Tumor mehr nachweisbar sein, kann die Patientin ohne Gestagen schwanger werden und die Gebärmutterentfernung wird nach Erfüllen des Kinderwunsches durchgeführt. Diese Therapieform soll bis zur Hysterektomie einem gynäkologisch-onkologischen Zentrum vorbehalten sein, um die sich aus diesem Prozedere ergebenden Gefahren für die Patientin zu minimieren. 

Nun zum schonenden Operations-Verfahren der Wächterlymphknoten-Untersuchung:

 „Um die Ausräumung aller Beckenlymphknoten und hohen Lymphknoten zu vermeiden, kann seit neuestem in vielen Fällen zunächst derjenige Lymphknoten, der dem Tumor am nächsten liegt (Wächterlymphknoten oder "Sentinel"-Lymphknoten), vor der Operation markiert werden. Die Wächterlymphknoten können dann während der Operation erkannt werden.“

Prof. Dr. Markus Wallwiener

Der Lymphknotenstatus ist neben dem histologischen Typ sowie der „neuen“ molekularen Klassifikation ein entscheidender Faktor für die Prognose und somit für die Entscheidung zu  einer weiterführende adjuvanten Therapie. Der zunehmende Einzug der Wächter-Lymphknotentechnik erfolgt durch die Weiterentwicklung der operativen Techniken der minimal invasiven Chirurgie. Die Wächter-Lymphknotentechnik führt zu einer deutlichen Verringerung der Nebenwirkungen der Operation im Vergleich zur klassischen systematischen Lymphknoten-Entfernung.

Zur Verringerung der Nebenwirkungen wie Blutungen und Lymphstau wurde die Wächter-Lymphknotentechnik entwickelt, ohne auf die prognostischen Informationen des Lymphknotenstatus zu verzichten. Bei Nichtbefall des Wächterlymphknotens kann davon ausgegangen werden, dass auch die nachgeschalteten Lymphknoten tumorfrei sind. Bei der Therapie des Brustkrebs ist der Sentinel-Lymphknoten eine bereits seit  langer Zeit etablierte Methode.

Bei der Laparoskopie wird ein Farbstoff (Indocyangrün) in den Gebärmutterhalts injiziert. Der Farbstoff wird entlang der Lymphbahnen abtransportiert und reichert sich im Wächter-Lymphknoten an. Der Wächter-Lymphknoten bzw. die Fluoreszenz des Farbstoffs kann durch ein spezielles Kamerasystem während der Laparoskopie dargestellt werden. Die Durchführung des Wächter-Lymphknotens mit Indocyangrün ist ein sehr sicheres Verfahren mit hohen Detektionsraten (bis zu 92%) sowie mit einer sehr zuverlässigen Erkennung von tumorbefallen Lymphknoten (Sensitivität 97%, Spezifität 99%, negativer prädiktiver Wert 99%).

In fortgeschrittenen Stadien oder bei aggressiver wachsenden Typen des Endometriumkarzinoms ist nach wie vor die systematische pelvine und paraaortale Lymphknotenentfernung erforderlich, wenn alle anderen Tumormanifestationen operativ entfernt werden konnten.

Im Rahmen der DENOVA-Studie wird die Sensitivität und Spezifität Wächterlymphknotens untersucht. Das Ziel dabei ist die schonende Untersuchung der Lymphknoten bei gleicher onkologischer Sicherheit.

Biomarkerbasierte Präzisionsonkologie sowohl im frühen als auch im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium und molekulares Tumorboard

Bei der Entscheidung für eine adjuvante Systemtherapie nach der Operation werden zahlreiche Faktoren, wie der histologische Typ, die molekulare Klassifikation, das Stadium der Erkrankung mit Ausdehnung des Tumors und Lymphknotenbefall sowie der Wunsch der Patientin berücksichtigt. Jede Patientin wird in unserem interdisziplinären Tumorboard an der Klinik für Gynäkologie vorgestellt und individuell dazu beraten.

Bei den meisten Patientinnen ist die operative Therapie ausreichend und mit einer sehr guten Prognose verbunden. Bei Patientinnen mit aggressiver wachsenden Typen des Endometriumkarzinoms in einem zunächst scheinbar frühen Stadium der Ausbreitung (10-20% der Fälle) kann eine Chemotherapie neben der Operation und der Bestrahlung eine weitere Säule der Therapie darstellen. Die Chemotherapie zerstört noch verbliebene bösartige Zellen und verringert die Wahrscheinlichkeit, dass der Krebs zurückkommt.

Beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom gibt es Fälle, bei denen Tumor-Metastasen nicht vollständig operativ entfernt werden können. Hier gibt es immer zahlreicher werdende systemische Therapieoptionen zusätzlich zur schon länger etablierten endokrin-basierten Therapie und der Chemotherapie.

Die Immunocheckpoint-Inhibitor-Therapie mit mehreren Substanzen und jüngst auch die beim Ovarialkarzinom schon seit mehr als 5 Jahren erfolgreich eingesetzte PARP-Inhibitor-Therapie werden im Therapiealltag des metastasierten Endometriumkarzinoms schon sehr erfolgreich eingesetzt. Unsere Pflegenden und Ärztinnen und Ärzte der Chemotherapie-Ambulanz und –Tagesklinik haben bereits große Erfahrungen mit allen diesen Substanzen sammeln können.

Die große Palette an molekularer Diagnostik, die unser Pathologisches Institut anbietet, zusammen mit den molekularen Tumorboards am Krukenberg-Krebszentrum der Universitätsmedizin Halle/S., in denen Empfehlungen für die Therapie nach dieser Diagnostik gegeben werden, sind glänzende Voraussetzungen dafür, dass die Patientin immer mehr von einer personalisierten Medizin im Bereich der Systemtherapie profitiert.     

Für weitere Informationen und individuelle Beratung steht unser Team Ihnen gerne zur Verfügung, kontaktieren Sie uns direkt.

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