Deformitäten der Wirbelsäule (Skoliosen und Kyphosen)

ACHTUNG: Spezialsprechstunde

Im Rahmen unserer regulären Wirbelsäulensprechstunde bieten wir jeden ersten Mittwoch eines Monats eine Skoliose-Sprechstunde an. Telefonnummern zur Anmeldung und Kontaktinformationen finden Sie unter Sprechstunden.

 

Skoliosen:

Die Bezeichnung Skoliose hat ihren Ursprung in der griechischen Sprache: skolios = krumm. Die Skoliose ist also eine Wirbelsäulenverkrümmung, welche mit einer Drehung der Wirbelkörper und strukturellen Veränderungen der Wirbel einhergeht. 

 

Symptomatik:

In den meisten Fällen (ca. 90 %) handelt es sich dabei um sogenannte idiopathische Skoliosen, also Wirbelsäulenverkrümmungen, für welche bisher keine eindeutige Ursache gefunden werden konnte. Diese tritt typischerweise bei Kindern und Jugendlichen im Wachstumsalter und gehäuft bei Mädchen auf. Neben der Möglichkeit der Vererbung werden viele weitere Möglichkeiten der Entstehung der Skoliose diskutiert. Daneben gibt es allerdings auch konkrete Ursachen für die sogenannten sekundären Wirbelsäulenverkrümmungen, z. B. Lähmungen, Frakturen, Tumoren, Narben nach Brustkorboperationen im Kindesalter oder anlagebedingte Fehlbildungen der Wirbelsäule. Zu unterscheiden sind sogenannte funktionelle Skoliosen, welche ohne Verdrehung der Wirbel einhergehen. Sie haben ihre Ursachen z. B. in unterschiedlichen Beinlängen.

 

Diagnostik:

Neben der klinischen Untersuchung ist die Anfertigung von Röntgenbildern für die Diagnostik entscheidend. Dabei werden Aufnahmen der gesamten Wirbelsäule im Stehen angefertigt und anschließend der Grad der Krümmung durch Vermessen (Methode nach Cobb) bestimmt. 

Wichtig ist die Aussage über ein noch zu erwartendes Wachstum des Kindes. Neben der Messung der Körpergröße des Kindes und der Frage nach dem Zeitpunkt der ersten Regelblutung bei Mädchen wird das Reifealter des Skeletts bestimmt. Dieses geschieht anhand von Röntgenaufnahmen der Hand (Carpogramm) bzw. des Beckens (Risser-Zeichen). 

 

Therapie:

Ziel einer Therapie ist das Verhindern des Voranschreitens von strukturellen Veränderungen und der Verkrümmung bzw. die Korrektur der Krümmung und Vermeidung späterer Komplikationen (Beeinträchtigung der Herz-Lungenfunktion oder Lähmungen). Bei Krümmungen von unter 20 Grad wird eine intensive befundgerechte Krankengymnastik verordnet, welche mindestens einmal wöchentlich durchgeführt werden sollte. Bei Krümmungen ab 20 Grad kann auch eine aktiv aufrichtende Orthese wie das Cheneau-Bosten-Wiesbaden-Korsett verordnet werden, welche eine gute Korrektur ermöglicht, allerdings auch zwischen 18 -23 Stunden am Tag getragen werden muß.

Die Korsettversorgung geschieht im Rahmen unserer Skoliosesprechstunde, das heißt, dass die Orthopädietechniker anwesend sind und den ersten Gipsabdruck für das Korsett sofort anfertigen können. Der Zeitraum zwischen Verordnung und ersten Anprobe liegt etwa zwischen 2 - 4 Wochen. 

Nach Anfertigung und einer ersten Anprobe wird das Korsett bei einer erneuten Vorstellung im Beisein der Techniker abgenommen, etwaige notwendige Änderungen am Röntgenbild diskutiert und kleinere Reparaturen sofort durchgeführt. Anschließen wird regelmäßig der Sitz des Korsetts überprüft (i. A. halbjährlich, im Wachstumschub noch öfter), um gegebenenfalls ein neues Korsett rechtzeitig anfertigen zu lassen.

Bei Skoliosen, welche eine bestimmte Gradzahl überschreiten, sollte eine Operation durchgeführt werden. Dafür kommen Krümmungen über 40 Grad in Frage, wobei die Entscheidung zur Operation individuell für jeden Patienten getroffen werden muß. Beeinflussende Faktoren sind dabei der Grad der Rotation der Wirbelkörper, etwaige Beschwerden sowie eine beginnende Dekompensation, das heißt, dass die Wirbelsäule nicht mehr im Lot steht. Je nach Art und Ausmaß der Krümmung können die Operationen vom Rücken aus (dorsal), vom Bauchraum aus (ventral) oder kombiniert von vorn und hinten (dorsoventral) durchgeführt werden. Häufig werden diese Operationen unmittelbar vor Abschluss des Wachstums, also zumeist im 13. oder 14. Lebensjahr, durchgeführt. Um den Schulausfall zu minimieren, operieren wir oft in den Ferien. Vor der Operation erfolgt eine gründliche Untersuchung der Patienten sowie eine umfassende Aufklärung in Beisein der Eltern. Bei komplikationslosem Verlauf können die Kinder zumeist nach 10-12 Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Das implantierte Material (Titan) wird in der Regel für immer belassen.   

Bei besonders ausgeprägten Wirbelsäulenverkrümmungen kann zusätzlich der häufig kosmetisch sehr störende Rippenbuckel durch eine sogenannte Thorakoplastik zeitgleich mit der Aufrichtungsoperation beseitigt werden.

Bei neuromuskulären / sekundären Skoliosen erfolgt die Operation  meist allein von dorsal (hinten). Bei dieser Art der Skoliose ist meist eine langstreckige Versorgung notwendig.

 

Abb. 1: Links konvexe idiopathische Thorakalskoliose mit dorsaler Distraktion – Derotationsspondylodese

Abb. 2: links konvexe Lumbalskoliose – ventrale Derotationsspondylodese

Kyphosen

Als Kyphose bezeichnet man die natürliche Krümmung der Wirbelsäule, vor allem der Brustwirbelsäule nach vorn. Dadurch kommt es zu einer kompensatorischen Hyperlordose der Lendenwirbelsäule.  Dies kann zu Schmerzen im Bereich der BWS oder zu Atembeschwerden führen aber auch zu Einschränkungen des Gesichtsfeldes (vor allem beim M. Bechterew).

Abb. 3: postoperativer Status nach Aufrichtungsoperation bei Brustkyphose