„Bei Gesundheitsversorgung über Tellerrand hinausschauen“: Prof. Dr. Eva J. Kantelhardt ist neue Professorin für Comparative Public Health
Seit dem 1. November 2022 ist Dr. Eva Kantelhardt neue Professorin für Comparative Public Health an der Universitätsmedizin Halle. Als Brückenprofessorin verbindet sie die Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie mit dem Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik im Bereich der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Die Berufung knüpft in Forschung und Lehre an ihre vorherige Tätigkeit als Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Global Health an. Ein Fokus ihrer Arbeit liegt auf Frauengesundheit im internationalen Vergleich zwischen Regionen und Kulturen.
„Die Gesundheitssituation wird beispielsweise von sozialer Ungleichheit, Globalisierung und Klimaveränderungen beeinflusst“, erklärt Prof. Dr. Eva Kantelhardt. „Unser Ziel ist es, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das heißt, wir betrachten nicht nur die Lage physischer und psychischer Gesundheit in Sachsen-Anhalt und Deutschland, sondern auch international – besonders in Ländern mit niedrigen Einkommen. Denn jeder Mensch profitiert individuell langfristig, wenn die globale Gesundheit gestärkt wird.“ Um das Spektrum von Früherkennung bis Nachsorge abzudecken, müssen Wissenschaftler:innen aller Disziplinen zusammenkommen, so Kantelhardt. „Wir arbeiten an der Vernetzung von klinischer Medizin und Grundlagenforschung im Sinne der gesundheitlichen Bedürfnisse. Die zugehörigen Studien schaffen die Grundlage für evidenzbasierte Handlungsempfehlungen in der globalen Gesundheitsfürsorge.“ In der Lehre will sie besonders die Themen der globalen und planetaren Gesundheit sowie der Versorgungsforschung in der Onkologie stärken.
Ein Schwerpunktprojekt von Prof. Kantelhardt ist die Versorgung von Krebspatientinnen in Afrika. „Rund ein Drittel aller Krebserkrankungen in Afrika sind Brust- oder Gebärmutterhalskrebs. Die restlichen zwei Drittel der Tumore sind gleichermaßen auf Frauen und Männer verteilt. Eine große Diskrepanz ist die geringe 10-Jahres-Überlebensrate im Vergleich zu Ländern wie Deutschland, obwohl effektive Therapien wie HPV-Impfungen existieren. Solche Interventionen müssen nachhaltig zugänglich gemacht werden“, so Kantelhardt. Unter Leitung der Medizinischen Fakultät Halle und in enger Kooperation mit der Universität Addis Abeba entstand in Äthiopien 2020 das „Else-Kröner-Cancer-Center“, das die Else Kröner-Fresenius-Stiftung mit insgesamt 2,5 Million Euro fördert. Es geht auch darum, vor Ort eine Forschung zu Brustkrebs aufzubauen. „Die Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Kolleg:innen ist ein exemplarisches Projekt zur Stärkung der Resilienz einkommensschwacher Länder im Bereich der Gesundheitsversorgung. Durch Begleitforschung und den Austausch von Promovierenden profitiert zudem die deutsche Forschungslandschaft“, fasst Kantelhardt zusammen.
„Gesundheit ist ein hohes Gut und die verfügbaren Ressourcen sind endlich – auch in Deutschland. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell unser Gesundheitssystem an die Grenzen geführt werden kann“, erläutert Prof. Dr. Heike Kielstein, Dekanin der Medizinischen Fakultät Halle. „Durch die Brückenprofessur und die internationale Arbeit von Prof. Kantelhardt lernen wir unter anderem von Ländern mit sehr begrenzten Ressourcen die eigenen Kapazitäten nachhaltiger zu gestalten. Zudem wollen wir die dringend benötigte Vernetzung verschiedener Disziplinen verbessern, um diese komplexe Herausforderung zu stemmen.“
Prof. Dr. Eva Kantelhardt studierte Humanmedizin und promovierte 1999 zur Dr. med. an der Georg-August-Universität Göttingen. Seit 2007 ist sie Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie habilitierte sich 2019 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2013 ist sie an der Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie und dem Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik tätig. „Ich freue mich sehr über die zunehmende Stärkung des Themas Globale Gesundheit an der Universität und bin gespannt auf neue Ideen und die Zusammenarbeit“, so Kantelhardt.