Vom MRT-Bild zum neuroanatomischen 3-D-Modell: Unimedizin Halle nutzt neue Technologien für Ausbildung
Sie als Meckelsche Sammlungen 2.0 zu bezeichnen, würde wahrscheinlich zu weit führen. Der Gedanke der Meckelschen Sammlungen, einer der größten anatomischen Sammlungen Europas und beheimatet in Halle, war es, ungewöhnliche Erscheinungen des menschlichen Organismus zu präparieren und damit zu erhalten. Dieser Gedanke zumindest liegt auch dem Projekt zugrunde, das Dr. Ole Hensel angestoßen hat. Hensel, Neurologe an der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums Halle (Saale), hat aus digitalen radiologischen Aufnahmen hochaufgelöste 3-D-Modelle von neurologischen Strukturen erstellt. Unterstützt wurde er dabei von Radiologe Dr. Dietrich Stoevesandt mit Bilddaten von Patientinnen und Patienten der Universitätsklinik und Poliklinik für Radiologie, vom Institut für Informatik der MLU und vom Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstellten aus den MRT-Daten Dateien für den 3D-Drucker und optimierten mit Testdrucken die Parameter des 3-D-Druckvorganges.
"Die Modelle sollen in der Ausbildung von angehenden Ärztinnen und Ärzten zum Einsatz kommen und ihnen normale, aber auch veränderte Gefäße im Hirn plastisch zeigen", sagt Hensel. Die entwickelte Methode könne aber auch im klinischen Alltag zur Vorbereitung operativer oder interventioneller Eingriffe genutzt werden, zum Beispiel, um den Verschluss von Aneurysmen zu planen.
Die ersten sieben Ausdrucke der Sammlung stellen normale Hirnbasisarterien und -venen dar. "Aber auch hier zeigt sich, dass es eine hohe Variabilität der Hirnbasisgefäße gibt, das heißt man kann sehen, dass die gleichen Gefäße sich bei verschiedenen Menschen unterschiedlich darstellen", so Hensel. Aber insbesondere auch ein 3-D-Ausdruck zeige beispielsweise, dass die paarige Arteria cerebri posterior im Ausnahmefall auch dreifach vorhanden sein kann. Ein weiterer Ausdruck zeige die Hirnbasisarterien einer Patientin, bei der das Vorhandensein von zwei Umgehungsarterien des Circulus willisi der Patientin vermutlich das Leben gerettet hat. Im Laufe der Zeit soll die Sammlung, die sich derzeit in der Klinik für Neurologie befindet, anwachsen und dann möglicherweise auch den Standort wechseln, so Hensel. Beim Anschauen und Betrachten vor Ort soll es ebenfalls nicht bleiben: "In Zukunft wird auch die Möglichkeit bestehen, sich die Modelle virtuell mittels Virtual-Reality-Technik anzuschauen."