Für eine bestmögliche Entwicklung: Gespendete Muttermilch unterstützt Frühgeborene beim Start ins Leben
Deutschlandweit betreiben aktuell 40 Klinika eine eigene Frauenmilchbank – bei mehr als 200 Perinatalzentren insgesamt. Die Universitätsmedizin Halle (UMH) ist eine davon: In der Frauenmilchbank in der Universitätsapotheke wird gespendete Muttermilch gesammelt, untersucht, aufbereitet und schließlich verteilt. Versorgt werden damit frühgeborene Kinder in der neonatologischen Intensivstation der UMH. Eine Abgabe an benachbarte Kliniken ist bei Bedarf möglich. Zum Internationalen Tag der Milchspende am 19. Mai beantwortet Prof. Dr. Roland Haase, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Pädiatrie II der UMH, Fragen zur Ernährung von frühgeborenen Kindern.
Herr Prof. Haase, wie viel Milch benötigt ein Frühchen pro Tag?
Das hängt vom Köpergewicht und dem Reifealter des Kindes ab. Die kleinsten Frühgeborenen erhalten am ersten Tag etwa zwölf Mal nur einen Milliliter Milch. Die Menge wird dann von Tag zu Tag – manchmal mehrmals täglich – gesteigert. Die Kinder benötigen jedoch mehr Energie – etwa fünfmal mehr Energie pro Kilo ihres Körpergewichts als Erwachsene. Daher erhalten sie anfangs zusätzlich noch Flüssigkeit, Zucker, Fett und Eiweiß über die Vene (parenterale Ernährung). Ziel ist aber immer, die Kinder möglichst rasch auf natürlichen Weg zu ernähren.
Welche Vorteile hat Muttermilch gegenüber industriell gefertigter Milch?
Die Zusammensetzung der Muttermilch ändert sich in den ersten Lebenstagen stark. So enthält die Vormilch, das sogenannte Kolostrum, sehr viele Abwehrstoffe, die das Kind vor Infektionen schützen. Später nehmen der Fett- und Kohlenhydrat-Anteil zu – das Kind kann wachsen. Muttermilch ist die optimale Ernährung für Neugeborene.
Natürlich können sich Neugeborene auch mit industriell hergestellter Premilch gesund entwickeln. Für Frühgeborene wurden aufgrund deren spezieller Bedürfnisse Spezialnahrungen entwickelt. Aber auch diese sind mit der Muttermilch letztlich nicht gleichzusetzen.
Wieso ist es gerade bei Frühchen so wichtig, dass sie Muttermilch erhalten?
Frühgeborene Kinder haben einen unreifen Darm und im Vergleich zu Reifgeborenen sehr wenige Abwehrstoffe im Blut und auf den Schleimhäuten. Demzufolge ist hier die Infektionsgefahr der oft lange im Krankenhaus behandelten Kinder vergleichsweise höher. Muttermilch ist gut verdaulich und enthält für das Kind geeignete Abwehrstoffe. Auch die Bildung einer gesunden bakteriellen Besiedlung des Darmes, also die Verdrängung von sogenannten Krankenhauskeimen, wird durch Muttermilch gefördert. Mit Mutter- oder Frauenmilch ernährte Kinder haben nachweislich weniger Infektionen. Zudem verbessert Mutter- oder Frauenmilch auch die Langzeitprognose der Kinder – somit die Chancen im Leben.
Daher ist gespendete menschliche Milch aktuell die beste Alternative, wenn die Milch der Mutter eines frühgeborenen Kindes nicht ausreicht oder vorhanden ist.
Wohin können sich Frauen wenden, die ihre Milch spenden möchten?
Stillende Frauen, die über die Ernährung des eigenen Kindes hinaus reichlich Muttermilch bilden und bereit sind, diese zu spenden, können in der Frauenmilchbank einen Termin vereinbaren (Telefon: 0345 557 2257, E-Mail: frauenmilchbank☉uk-halle.de). Um eine höchstmögliche Sicherheit für die kleinen Milchempfänger:innen zu gewährleisten, sind dann noch eine ganze Reihe von Fragen und Untersuchungen notwendig. Interessierte können sich auch auf der Internetseite der Frauenmilchbank informieren.