„SupaTeen-Studie“ untersucht soziale Ungleichheit bei Kindern mit Krebserkrankungen
Jedes Jahr erkranken laut Robert-Koch-Institut etwa 2 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren an Krebs. Viele überstehen die Erkrankung glücklicherweise aufgrund der modernen medizinischen Behandlungen. Doch die Lebensqualität kann noch lange danach beeinträchtigt sein und der Zusammenhang zwischen sozialen Faktoren und dem Wohlbefinden ist bisher weitestgehend unerforscht. Diese Lücke will die „SupaTeen“-Studie schließen, die von Julia Roick vom Institut für Medizinische Soziologie der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unter der Leitung von Professor Dr. Matthias Richter durchgeführt wird. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt mit rund 384.000 Euro für vier Jahre.
„Die Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen mit Krebs wurde schon vielfach untersucht. Der Fokus dieser Studien lag aber vorwiegend auf psychischen und physischen Beeinträchtigungen“, sagt Roick. Unklar sei jedoch, ob und in welchem Umfang die Erkrankung, die damit verbundene Therapie und deren Auswirkungen langfristig das psychosoziale Befinden, insbesondere die Teilhabe, beeinflusse. Es fehlt vor allem belastbares Wissen über Aktivitäts- und Teilhabe-Chancen krebskranker Kinder und Jugendlicher und die Bedeutung sozialer Ungleichheiten in diesem Kontext. „Das ist vor allem deshalb von großer Bedeutung, weil Interaktionen mit Gleichaltrigen und Erfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sind“, so Roick.
Ziel der prospektiven, multizentrischen Studie ist es, den Einfluss sozialer, aber auch behandlungsbezogener und persönlicher Faktoren auf die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 18 Jahren mit Leukämien, Hirntumoren und Sarkomen zu untersuchen. Unter soziale Faktoren falle dabei das Einkommen, die Bildung und die berufliche Position der Eltern, denn Studien belegen, dass diese Auswirkungen auf Erkrankungen und ihren Umgang damit haben. „Wir wollen herausfinden, ob sich das auch auf die Kinder übertragen lässt. Wir vermuten, dass ärmere Familien Krankheiten schlechter bewältigen“, so Roick. Personale und behandlungsbezogene Faktoren sind beispielsweise erkrankungsbedingte Müdigkeit (Fatigue), das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten oder die Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten.
Dazu werden deutschlandweit in 23 Kliniken an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche sowie deren Erziehungsberechtigte vom Zeitpunkt der Diagnosestellung bis sechs Monate nach Therapieabschluss zu drei Zeitpunkten mittels standardisierter Fragebögen befragt. „Die Ergebnisse sollen dann dazu genutzt werden, frühzeitig zu erkennen, bei welchen Kindern und Jugendlichen die Partizipation gefährdet ist. „Das kann zum Beispiel durch den fehlenden Zugang zu Informationen oder mangelnde finanzielle Ressourcen verursacht sein. Für die Kinder kann das bedeuten, dass sie nach ihrer Erkrankung nur schwer wieder in ihr altes soziales Umfeld zurückfinden und vielleicht emotionale Unterstützung benötigen“, sagt Roick.
Das Projekt soll in einen Abschlussbericht für die Deutsche Krebshilfe münden. „Wenn solche Familien identifiziert werden können, können auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Maßnahmen eingeleitet, eine mangelnde Teilhabe vermieden und die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen gesteigert werden“, sagt Roick. Weiterhin sollen die Ergebnisse als Informationsbroschüre für Kinder und deren Eltern aufbereitet werden.