Sterbliche Überreste indigener Australier aus den Meckelschen Sammlungen kehren nach Australien zurück
Die sterblichen Überreste von fünf indigenen Australiern werden am Montag, dem 15. April 2019, in einer feierlichen Zeremonie in der australischen Botschaft in Berlin an das Land zurückgegeben. Die sterblichen Überreste stammen aus den Meckelschen Sammlungen, einer der größten anatomischen Sammlungen in Europa, die im Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) beheimatet sind.
Die Direktorin des Anatomie-Instituts, Prof. Dr. Heike Kielstein, wird zusammen mit Uwe Paul, Referatsleiter Hochschulmedizin, Hochschulrecht, Hochschulgesetzgebung des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, und Prof. Dr. Bernd Fischer, Leiter des Fördervereins Meckelsche Sammlungen, an der Zeremonie teilnehmen. Neben Halle gibt auch Dresden in der Zeremonie sterbliche Überreste zurück, die bisher in den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, aufbewahrt wurden.
„Die verstorbenen Ahnen haben bei den indigenen Völkern in Australien und weltweit eine sehr große Bedeutung. Der Geist der Ahnen spielt in Riten und Zeremonien eine große Rolle, sie werden um Rat, Gesundheit und Hilfe angerufen. Deshalb ist es selbstverständlich für uns, der Bitte Australiens nachzukommen, die bisher bei uns aufbewahrten sterblichen Überreste wieder zurückzuführen“, sagt Prof. Dr. Heike Kielstein.
„Die Rückführung sterblicher Überreste indigener Australier zu ihren Familien und ihrem Herkunftsland ist für indigene Australier eine eminent wichtige Angelegenheit. Die Australische Regierung begrüßt das Engagement und die Kooperationsbereitschaft der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und des Ministeriums für Wirtschaft, und Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt bei der Rückführung von sterblichen Überresten indigener Australier. Wir werden auch zukünftig Rückführungsverhandlungen mit weiteren deutschen Institutionen führen“, sagt I.E. Lynette Wood, die australische Botschafterin in Deutschland.
In den Sammlungen befanden sich ein Vorfahre des indigenen Warrgamay/Bandjin-Volkes aus Hinchinbrook im Bundesstaat Queensland sowie vier weitere mit australischer, aber noch nicht näher bekannter Herkunft. „Ersterer wird liebevoll ‚Bob‘ genannt und verstarb in Deutschland. Seine australische Herkunft konnte exakt belegt werden“, so Kielstein. Er werde in Australien von Ministeriumsmitarbeitern an Vertreter der Warrgamay/Bandjin-Gemeinschaft übergeben. Die australische Regierung kümmert sich um die sterblichen Überreste bis eine weitere Erforschung die exakte Herkunft bestimmt hat und sie dorthin zurückkehren können. Die MLU überträgt die Verantwortung der Heimreise für alle fünf auf die australische Regierung.
Die sterblichen Überreste sind seit mehr als 100 Jahren in die Meckelschen Sammlungen gewesen. „Das Sammeln gehörte vor einigen Hundert Jahren zum Entdecker- und Forschergeist, die Besonderheiten der Welt sollten auch in der eigenen Heimat zu sehen sein. Die Schicksale der Menschen, deren Gebeine in Museen und Sammlungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern ausgestellt wurden und noch werden, waren teilweise unvorstellbar grauenvoll. Nun ist die Zeit gekommen, dass diese fünf Menschen in ihre Heimat zurückkehren“, so Kielstein.
Zuvor hatte das australische Department für Kommunikation und Künste bereits eng mit Kielstein, ihren Amtsvorgängern und der MLU zusammengearbeitet und unter anderem zweimal die Forschung von internationalen Gutachtern gefördert, die die Herkunft der sterblichen Überreste untersuchten.
Die sogenannte „Repatriation Ceremony“ ist die dritte innerhalb weniger Tage. Bereits in München und Stuttgart waren in dieser Woche sterbliche Überreste indigener Australier an Australien zurückgegeben worden. Die australische Regierung sprach in ihrer Pressemitteilung von einer Rekordzahl an Rückgaben und dankte den deutschen Landesregierungen sowie den einzelnen Einrichtungen für die Bereitschaft zur Rückführung. Dies sei für alle Australier sehr bedeutsam, denn der Akt der Rückführung trage zu Heilung, Gerechtigkeit und Versöhnung bei und erinnere an die Wichtigkeit von Gemeinschaft und Familienverbindungen.