"MiLaMed"-Projekt: Mehr ärztlicher Nachwuchs für Kleinstadt und Land
In vielen ländlich geprägten Regionen Sachsens und Sachsen-Anhalts wirdhänderingend ärztlicher Nachwuchs gesucht. Mancherorts droht bereits Unterversorgung, vor allem Hausärzte, aber zum Beispiel auch Hautärzte, Augenärzte und Kinderärzte werden zukünftig dringend benötigt. Um Studierende schon während ihres Medizinstudiums für eine Tätigkeit außerhalb der Großstädte zu begeistern, haben Forscher der Universitäten Leipzig und Halle das Lehrkonzept "MiLaMed" entwickelt. Es startet mit vier mitteldeutschen Modellregionen: Nordsachsen, Vogtlandkreis und Anhalt-Bitterfeld, Mansfeld-Südharz. Coronabedingt finden viele Lehrveranstaltungen zunächst online statt. MiLaMed wird vom Bundesgesundheitsministerium und Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gefördert.
Zu wenig junge Ärzte entscheiden sich für eine Tätigkeit in der Kleinstadt oder auf dem Land und altersbedingt aufgegebene Arztpraxen können immer schwieriger nachbesetzt werden. Aber auch kleinere Krankenhäuser kämpfen um den ärztlichen Nachwuchs. Das Lehrprojekt MiLaMed steht für "Mitteldeutsches Konzept zur longitudinalen Integration landärztlicher Ausbildungsinhalte und Erfahrungen in das Medizinstudium" und will mit neuen Lehrinhalten an der Uni sowie Praktika in ländlichen Regionen für die Arbeit außerhalb der Großstadt begeistern. "Entsprechende Praktika geben Medizinstudierenden die Gelegenheit, Land, Leute und die medizinische Versorgung vor Ort kennen und schätzen zu lernen, eventuelle Vorurteile abzubauen und letztlich die Vielfalt ihrer Perspektiven im Hinblick auf Beruf und Lebensplanung zu erweitern", erklärt MiLaMed-Projektleiter Dr. Tobias Deutsch. Aktuell sind im MiLaMed-Verbund insgesamt 95 Hausärzte, 81 Fachärzte und 20 Kliniken involviert.
In der einjährigen Konzeptionsphase von MiLaMed wurden Studierende und Ärzte befragt, viele Gespräche mit Landratsämtern und Bürgermeistern geführt, Rahmenbedingungen für Praktika verhandelt, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung ausgekundschaftet sowie Arztpraxen und Krankenhäuser als Praktikumsanbieter angeworben. Ab diesem Sommersemester begegnen den Studierenden im gesamten Studienverlauf neue Lehrinhalte. Von den strukturellen Besonderheiten ländlicher Versorgung über telemedizinische Ansätze bis hin zu wichtigen Schwerpunkten an derSchnittstelle zwischen haus- und spezialärztlicher Versorgung werden vielfältige Themen aufgegriffen.
Von zentraler Bedeutung ist die Förderung eines umfangreichen Praktikumsangebots in jeweils zwei Modellregionen in Sachsen (Nordsachsen, Vogtlandkreis) und Sachsen-Anhalt (Anhalt-Bitterfeld, Mansfeld-Südharz). "Das besondere an unserem Projekt ist, dass jede Art von Praktikum im Studienverlauf gefördert wird, vom Pflegepraktikum bis zum Praktischen Jahr. Und das unabhängig von der Fachrichtung, denn Bedarf gibt es nicht nur in der Allgemeinmedizin und Karriereentscheidungen sind im Studium ja häufig auch noch nicht in Stein gemeißelt", betont Deutsch.
Über MiLaMed können Kosten für Fahrt und Unterkunft übernommen werden. Außerdem unterstützen die beteiligten Landkreise im Hinblick auf Unterkunftssuche, Mobilität vor Ort und die Finanzierung von Freizeitaktivitäten. "Ich kann den Studierenden ein Praktikum in den Modellregionen nur wärmstens empfehlen, sie werden dort mit offenen Armen empfangen und sicherlich sehr gut betreut", so Deutsch. "Aufgrund der Corona-Pandemie kann das neue Praktikumsangebot vorerst natürlich nur eingeschränkt genutzt werden", ergänzt Prof. Dr. Markus Bleckwenn, Lehrstuhlinhaber für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der UniversitätLeipzig. "Wir bemühen uns aber wo es geht um kreative Lösungen. Zum Beispiel haben wir unser Blockpraktikum Allgemeinmedizin virtuell umgesetzt und bringen Studierende und Landarztpraxen nun via Video-Sprechstunde miteinander in Kontakt. Vielleicht ergibt sich darüber ja ein späteres Praktikum."
Der Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Prof. Dr. Thomas Frese, erklärt: "Das Interesse der Öffentlichkeit, der Politik vor Ort, aber auch der Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten in den Pilotregionen war sehr hoch. Bereits im Rahmen der Antragstellung haben wir exzellente Unterstützung erfahren. Die notwendigen Maßnahmen zum Schutz vor Corona haben den Projektstart natürlich verändert. ImRahmen von zügig entwickelten und von den Studierenden gut angenommenen Online-Formaten für Vorlesungen und Seminare werden die Lehrinhalte des MiLaMed-Projektes aber dennoch transportiert. Als Mitinitiator des MiLaMed-Projektes ergänzen wir gezielt unser auf eine Nachwuchsgewinnung für Sachsen-Anhalt ausgelegtes Lehrangebot." Das Projekt wird zunächst über zwei Jahre erprobt und wissenschaftlich evaluiert. Eine anschließende Fortsetzung und Erweiterung auf weitere Landkreise wird angestrebt.