Seit einem Jahrzehnt ein Erfolgsmodell: Jubiläums-Jahrgang der Klasse Allgemeinmedizin in Halle geht an den Start
Es war eine Idee, die es damals deutschlandweit noch nicht gab, die es zur bundesweiten Auszeichnung „Ort im Land der Ideen“ brachte und die seitdem unbescheiden als Erfolgsmodell bezeichnet werden kann: Die „Klasse Allgemeinmedizin“ (KAM) an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Nun ist mit dem Jahrgang 2020 - leicht verzögert wegen der Corona-Pandemie und des damit einhergehenden späteren Semesterstarts - der 10. Jahrgang an den Start gegangen. Erneut durchlaufen 40 Studierende während ihres Medizinstudiums ab dem ersten Semester das spezielle allgemeinmedizinische Zusatz-Curriculum.
„Wir haben bereits vor mehr als zehn Jahren erkannt, dass Sachsen-Anhalt und hier insbesondere der ländliche Raum hinsichtlich der hausärztlichen Versorgung auf eine Katastrophe zulaufen wird. Die Altersstruktur der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte, der Zeitraum, wann diese in den Ruhestand gehen werden und der daraus drohende Mangel waren keine Geheimnisse. Wir als Medizinische Fakultät haben es daher als unsere Aufgabe erachtet, bereits sehr frühzeitig im Studium für den Beruf des Allgemeinmediziners zu werben und das Image dieser medizinischen Disziplin aufzuwerten. Deswegen haben wir die Klasse Allgemeinmedizin ins Leben gerufen und wenige Jahre später aus der Sektion ein eigenständiges Institut für Allgemeinmedizin gegründet“, so Prof. Dr. Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Halle und Mitinitiator der Klasse Allgemeinmedizin.
Immerhin seien es die Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeinmedizin, gemeinhin Hausärztinnen und -ärzte genannt, die ihre Patientinnen und Patienten, in vielen Fälle ganze Familien, oft über Jahre betreuten und die ersten Ansprechpersonen bei gesundheitlichen Problemen seien. „Diese Ärztinnen und Ärzte brauchen ein breitgefächertes, generalistisches medizinisches Wissen und das vermitteln wir ihnen einerseits im Studium, andererseits aber auch – und das ist das Besondere – von Anfang an in echten Hausarztpraxen unserer Mentorinnen und Mentoren“, so Gekle. Derzeit stehen 150 Mentorinnen und Mentoren in 126 Praxen zur Verfügung, bei denen die aktuell 165 Medizinstudierenden aller Jahrgänge der Klasse Allgemeinmedizin an zwei Tagen pro Semester den Praxisalltag kennenlernen. Des Weiteren wurde im Dachgeschoss des Dorothea Erxleben Lernzentrums der Medizinischen Fakultät eine Hausarzt-Übungspraxis eingerichtet, in der in geschützter Umgebung und unter fachkundiger Anleitung Abläufe, Untersuchungen und Kommunikation geübt und ausgewertet werden können.
Seit dem Beginn der Klasse Allgemeinmedizin ist das Interesse daran nachweislich gewachsen, denn die Bewerberzahlen steigen stetig. Waren seit 2011 zunächst 20 Plätze angeboten worden, fährt die Klasse Allgemeinmedizin aufgrund der hohen Nachfrage seit 2017 nun bereits im vierten Jahr zweizügig. Das heißt jedes Jahr stehen nun 40 Plätze zur Verfügung. „Das ist nur aufgrund des Engagements der beteiligten Institutsmitarbeiterinnen und unserer engagierten Lehrärztinnen und -ärzte in den Praxen umsetzbar“, so Prof. Dr. Thomas Frese, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin.
„2016 konnten wir dann die ersten Absolventinnen und Absolventen ins Praktische Jahr verabschieden und wir wissen, dass rund zwei Drittel unserer ehemaligen Studierenden nun auch in die Facharzt-Weiterbildung für Allgemeinmedizin gehen“, sagt Melanie Nafziger, die das Lehrprojekt an der Medizinischen Fakultät organisiert und koordiniert.