Hallesches Projekt erarbeitet Konzept zur Erstellung von genderdiversitätsgerechten Entscheidungshilfen zu Verhütungsmitteln
Die passende Verhütungsmethode zu finden, ist oft nicht einfach und hängt von vielen persönlichen und medizinischen Faktoren ab. Um sich informiert für oder gegen eine nicht-hormonelle Verhütungsmethode entscheiden zu können, brauchen Menschen Entscheidungshilfen, die die Vor- und Nachteile verständlich präsentieren.Das Projekt „GenDivInfo“ unter Leitung des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaft (IGPW) der Universitätsmedizin Halle entwickelt ein Konzept, das Gender- und diversitätsspezifische Aspekte besonders berücksichtigt und erprobt, wie im Einklang mit medizinischen Leitlinien auch evidenzbasierte Entscheidungshilfen für Laien entwickelt werden können. Das Projekt, das unter anderem mit der Universität Bremen durchgeführt wird, wird über drei Jahre vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit rund 480.000 Euro gefördert, wovon rund 230.000 Euro auf den Standort Halle entfallen.
Dieses Projekt entwickelt ein Konzept zur Erstellung medizinischer Leitlinien und wissenschaftsbasierter Entscheidungshilfen für Laien, die die verschiedenen Facetten von Geschlecht und Vielfalt (gender- und diversitätsspezifische Aspekte) von Menschen berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel Fragen, ob medizinische Behandlungen bei Personen unterschiedlicher Geschlechter anders wirken oder auch ob sie unterschiedliche Informationsbedarfe haben. Entwickelt und erprobt wird das Konzept am Beispiel der Leitlinie zu nicht-hormonellen Verhütungsmitteln. „Zurzeit resultieren aus Leitlinienentwicklungsprozessen in der Regel keine Entscheidungshilfen für Laien. Hinzukommt, dass der Bedarf von Menschen unterschiedlicher Geschlechter nur wenig berücksichtigt wird“, erklärt Prof. Dr. Anke Steckelberg vom IGPW, die das Projekt leitet.
Erstellerinnen und Ersteller von Entscheidungshilfen können bisher kaum auf die von Leitliniengruppen aufbereiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse (Evidenzsynthesen) zurückgreifen. Im Projekt sollen deshalb die Methoden zur Erstellung von S3-Leitlinien weiterentwickelt werden. Leitlinien sind dafür gedacht, das aktuelle medizinische Wissen zu bündeln und liefern darauf aufbauend konkrete Empfehlungen. „Mit dem Erstellen von Leitlinien ist es jedoch nicht getan. Es werden Entscheidungshilfen gebraucht, die auch diversitätsspezifische Aspekte beinhalten, um allen Bürgerinnen und Bürgern informierte Entscheidungen über die für sie passende Verhütungsmethode zu ermöglichen. Dafür brauchen sie systematisch aufbereitete Informationen“, sagt die Professorin für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, die vor allem in den Bereichen Patienteninformation und partizipative Entscheidungsfindung forscht.
Das Thema nicht-hormonelle Verhütung sei ein Exempel. Das Konzept, das im Projekt entwickelt und erprobt wird, kann auf andere Leitlinienprozesse übertragen und so implementiert werden, so Steckelberg weiter. „Der große Nutzen unseres Projekts liegt in seinem Umsetzungspotenzial: Das neue Verfahren ermöglicht eine umfassende und zielgruppenspezifische Entwicklung von Entscheidungshilfen aus Leitlinienprozessen“, so Steckelberg.
Das Projekt wird in Kooperation mit der Universität Bremen, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, dem Bundesverband Prostataselbsthilfe, dem Frauengesundheitszentrum Graz, dem AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement und dem Arbeitskreis Frauengesundheit durchgeführt.