60 Jahre Herz-OP: Universitätsmedizin Halle setzt in der modernen Herzchirurgie heute auf minimalinvasive Techniken
Am 3. April 2022 jährt sich ein medizinischer Meilenstein für die Universitätsmedizin Halle: An diesem Tag vor 60 Jahren gelang es Prof. Karl Ludwig Schober (1912-1999) und seinen Kollegen, die erste Herzoperation am offenen Herzen in der damaligen Chirurgischen Universitätsklink der Martin-Luther-Universität in Halle durchzuführen. Möglich gemacht hat diesen medizinischen Fortschritt eine selbstentwickelte Herz-Lungen-Maschine – Marke Eigenbau. Zum damaligen Zeitpunkt eine Sensation und gleichzeitig die Grundsteinlegung für eines der ersten Herzzentren Deutschlands.
„Eine beeindruckende Leistung der Kollegen, die Pioniergeist, Pragmatismus und Leidenschaft für die Herzchirurgie zeigt“, betont Prof. Gábor Szabó, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Herzchirurgie an der Universitätsmedizin Halle. Heute behandeln er und sein Team als Teil des Mitteldeutschen Herzzentrums Betroffene über das gesamte Leistungsspektrum der modernen Herzchirurgie hinweg – angefangen bei speziellen Verfahren zur temporären mechanischen Kreislaufunterstützung bis hin zur Implantation eines Kunstherzes zur Behandlung terminaler Herzinsuffizienz. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den minimalinvasiven Techniken. Für Herzklappenoperationen hat sich der minimalinvasive Zugang als Standard etabliert, so dass in den meisten Fällen nur noch ein kleiner Schnitt zwischen den Rippen für den Eingriff notwendig ist. „Auch bei der Behandlung von schwerstkranken Patient*innen setzten wir in Halle einen Schwerpunkt auf minimalinvasive Methoden“, erklärt Prof. Gábor Szabó. „Wir wissen heute, dass diese für die Patient*innen zu einer kürzeren intensivmedizinischen Versorgung führen und neben den kosmetischen Aspekten auch eindeutige funktionelle Vorteile bringen. In der enge Zusammenarbeit mit den Kollegen anderer Fachbereiche können wir die Therapieoptionen um verschiedene interventionelle Möglichkeiten ergänzen.“
Historischer Hintergrund: Für Operationen am offenen Herzen muss die Pumpfunktion des Herzens und die Lungenfunktionen für einen begrenzten Zeitraum ersetzt werden. Die sogenannte extrakorporale Zirkulation des Blutes übernimmt dann eine Herz-Lungen-Maschine. In Amerika wurde diese bereits seit den 50er Jahren erfolgreich eingesetzt, in der Planwirtschaft der DDR sollte jedoch Leipzig vor Halle den Vortritt in der Beschaffung erhalten. Um den Fortschritt der halleschen Herzchirurgie trotz Ressourcenknappheit dennoch voranzutreiben, entwickelte der Direktor der damaligen Chirurgischen Universitätsklinik der Martin-Luther-Universität, Prof. Karl Ludwig Schober, gemeinsam mit dem Biophysiker Prof. Fritz Struß die erste Herz-Lungen-Maschine der DDR. Mit dieser technischen Unterstützung verschloss Schober am 3. April 1962 erstmals in Halle im extrakorporalen Kreislauf einen Scheidewanddefekt zwischen beiden Vorhöfen erfolgreich.